Mit Christine Ruckenbauer vom Technologietransfer der Veterinärmedizinischen Universität Wien und Mario Fallast ebenfalls vom Forschungs- & Technologie-Haus von der Technischen Universität Graz haben wir am 14. April in Hochschulgründerzeit über die Kommerzialisierung von Forschungsergebnissen gesprochen und die Verwertung im Rahmen von Spin-Offs beleuchtet.
Technologietransfer
Die Technologietransfer-Offices (TTOs) an Universitäten beschäftigt sich mit Projekten, die meist gemeinsam mit Industriepartnern gemeinsam durchgeführt werden. Bei vorliegenden Forschungsergebnissen kümmert sich der Technologietransfer um die vertragliche Gestaltung im speziellen im Sinne der IPR (Intellectual Property Rights). Vor allem geht es darum in den Verträgen bereits zu verankern und damit vorab zu überlegen, was zu tun ist, wenn eine Erfindung oder ein Patent das Resultat der Forschung ist. Der Forschungstransfer ist somit die erste Anlaufstelle für universitäre Forschungsprojekte und prüft, ob diese Forschung verwertbar ist und wie diese Verwertung durchgeführt werden kann. Die Verwertung kann bis zu einer Unternehmensgründung führen, oft ist es aber auch einfach nur ein Technologietransfer im Sinne von Material Transfer Agreements, Lizenzvereinbarungen mit einem dritten Unternehmen oder einer akademischen Einrichtung. Der Technologietransfer durch Spin-Offs ist in der Verwertung ein komplexes Thema, viele Komponenten müssen da zusammenpassen, dass eine Verwertung durch ein Spin-Off funktioniert und auch sinnvoll ist. Der Technologietransfer hat das Ziel die Forschung und das dabei erzielte Wissen in die Wirtschaft zu befördern. Dabei beteiligt sich die Universität im Rahmen einer Kommerzialisierung. Den Hochschulen ist es ein großes Anliegen, dass es Unternehmen gibt, die wissensbasiert geführt werden, wo Know-how, Technologien und Patente in Organisationen einfließen und zudem auch noch wirtschaftlich tätig sind.
Ausgründungen und Spin-Offs
Je nach Status und Fortschritt der Forschung wird die Art der Verwertung festgelegt. Oft gibt es Ergebnisse, die verwertet und kommerzialisiert werden können, aber für eine klassische Lizenzierung noch nicht ausreichend ausgereift sind, da vielleicht für Lizenznehmer das Risiko noch zu hoch ist. Und da ist es manchmal notwendig, dass es jemanden gibt, der das im Rahmen eines Spin-Off weitertreibt und es dann an einen Kunden weiterverkauft. Für die Verwertung im Rahmen eines Spin-Offs müssen hingegen viele Faktoren zusammenpassen, sodass diese Gründung überhaupt Sinn macht.
Ein Spin-Off ist eine Gründung eines neuen Unternehmens, als Ausgründung einer bestehenden Organisation. Und wenn man über universitäre Spin-Offs spricht, dann ist es eine Ausgründung aus dem universitären Umfeld. Wichtig für die Abgrenzung ist, dass es auch noch eine Vertragsbeziehung mit der Mutterorganisation, in dem Falle der Universität gibt.
Eine weitere Verwertungsform ist die Lizenzierung: Lizenzierung an Unternehmen, die bereits bestehenden Marktzugang und Kundengruppen haben, ist in der Regel mit weniger Risiko verbunden. Sehr oft bestehen mit den Unternehmen schon Kooperationen aus vorherigen Forschungen, und dieser Teil deckt einen großen Teil der Verwertungen ab.
Für Hochschulen sind Beteiligungen an Spin-Offs, wo die Universität als Gesellschafter eines Spin-Offs ist, nicht das prioritäre Ziel. Schließlich bringt die Gesellschafterrolle nicht nur Rechte, sondern auch viele Pflichten, nicht nur rechtlicher Natur, sondern auch inhaltlicher Natur. Was eher realisiert wird, sind Lizenzvereinbarungen. Schließlich geht es darum potenziellen Kooperationspartnern im Umfeld Forschungsprojekte zu ermöglichen. Beteiligungen finden nur in Ausnahmefällen statt, bei typischen Spin-Offs werden eher Lizenzverträge angewendet. Die Universitäten agieren hier sehr stark im Sinne der Forschenden und wollen die bestmögliche Verwertungsmethode für sie erzielen.
An der VetMedUni Wien wird Technologietransfer breit ausgerollt, es bestehen Formate im Rahmen der Personalentwicklung für mitarbeitende Forschende:
- „Entrepreneurial Basics“ vermittelt die Grundlagen von Entrepreneurship und unterstützt bei der Validierung von gründungswerten Ideen
- „VetIdeas“ ist ein niederschwelliges Format, bei welchem die Ideen vor einer Jury erstmals präsentiert werden
Mit diesen Formaten erhält die VetMedUni einen guten Eindruck, welche Teams und Ideen bestehen, um ggf. weitere Schritte einzuleiten, z.B. einen Business Plan aufzusetzen, das Team zu erweitern und über die Verwertung nachzudenken.
Gründen als Option für Forschende
Forschende sind deswegen Wissenschafter*innen, weil sie sich langfristig mit ihrer Forschung beschäftigen wollen, ganz konkrete Ideen verfolgen und möglicherweise auch entsprechende Prototypen entwickeln. Dabei spalten sich die Motivationen von wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen: Manche wollen ihre Forschung weiterführen, neue Projekte entwickelt und in der Forschungsrolle bleiben. Andere wollen hingegen die Entwicklungen der Forschung umsetzen und sich auf eine unternehmerische Reise begeben. Die Motivation liegt dabei in dem, dass die Umsetzung und die intensive Auseinandersetzung mit den Forschungsergebnissen Spaß macht und miterleben wollen, wie ihre Entwicklungen auf den Markt kommen. Die monetären Anreize bei der Verwertung von Patenten oder bei Erlösanteilen sind wenig vorherrschend.
An der TU Graz werden die Forschenden in den ersten Beratungsgesprächen an sämtliche Verwertungsmöglichkeiten herangeführt, vor allem steht im Mittelpunkt, dass die Möglichkeit der Gründung aufgezeigt wird. Ohne zu drängen oder zu überzeugen, liegt die Entscheidung immer bei den Forschenden. Mario Fallast weiß, dass die Erfolgswahrscheinlichkeiten entsprechend höher sind, wenn die Forschenden schon ein gewisses Grundinteresse für eine Ausgründung mitbringen. Christine Ruckenbauer beschreibt zudem sehr bildlich, dass in den Beratungsgesprächen nichts beschönigt wird, sondern durchaus eine Rollercoaster-Fahrt veranschaulicht wird. Es ist harte Arbeit, ein Unternehmen auf die Beine zu stellen, wo man gerade am Anfang einmal ein paar Millionen Euro auf die Beine stellen muss, um das Unternehmen überhaupt einmal in Gang zu bringen. Da von Anfang an, jemanden locken zu müssen und zu überreden, ist der falsche Weg.
Wenn Wissenschafter*innen mit den ersten Ideen kommen, sich aber noch nicht mal den Markt angesehen haben und auch nicht wissen, wer ihre Kundschaft ist, so sehen es die TTOs als ihre Aufgabe, dass die richtigen Fragen gestellt werden und die richtigen Adressen, Netzwerke und Personen zur Verfügung gestellt werden, um eben diese Fragen zu beantworten. Christine Ruckenbauer und Mario Fallast das macht genau diese Aufgabe wahnsinnig viel Spaß, dass sie mit so vielen unterschiedlichen Technologien und Menschen zusammenarbeiten.
Die Universitäten nehmen sich zu Beginn sehr wohl die Zeit, um festzustellen, ob die Zusammenarbeit zwischen Universität und Forschenden im Sinne eines Technologietransfers gut zusammenpasst und welche passende Verwertung sinnvoll ist. In der Vorbereitung von Spin-Offs werden die Gründungswilligen mit Informationen und Tools unterstützt, außerdem erhalten sie Zugang zu einem Gründungsnetzwerk. Das Netzwerk dient dazu, um mit den richtigen Leuten zur richtigen Zeit zu sprechen, um sich auch ein Bild zu machen, was sind die nächsten Schritten, welche Risiken sind dabei, was bedeutet das alles, wie fange ich denn jetzt überhaupt an, uvm. Da helfen die TTOs schon viel und versuchen die Leute schon an die richtigen Organisationen und Förderstellen zu vernetzen. Die Universität legt somit die Rutsche in Richtung Rollercoaster, sodass diese Reise nicht allzu anstrengend ist.
Tipps an gründungswillige Forschende
Als Pro-Tipp geben die Gäste von Hochschulgründerzeit #3 mit: „Es ist nicht wichtig die nettesten Leute im Team zu haben, sondern die besten. Nicht mehr von mir selber, sondern komplementär ergänzen.“ Die Berater*innen in den TTOs achten da besonders darauf, und weisen die potenziellen Gründer*innen darauf hin, wenn eine Kompetenz fehlt oder wenn man sich selber in dem einen oder anderen Bereich noch weiterbilden muss. Die TTOs versuchen gerade am Anfang, wenn das Team noch nicht final ist, über ihr Netzwerk Berater*innen in das Team zu holen, um das Gründungsvorhaben ins Rollen zu bringen. Besonders wichtig ist aber auch, dass sich die Menschen selbst einschätzen. Wenn man selber weiß, was man gut kann oder auch nicht gut kann und somit ableiten kann, wo es Sinn machen, jemanden ins Boot zu holen, der das viel besser kann oder vielleicht auch noch viel lieber macht. Es ist immer schwierig, wenn Menschen alles selber machen wollen und sich dessen bewusst sind, wo sie selbst Schwächen haben.
Es ist ratsam, so früh wie möglich in ein TTO zu kommen, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und zu entscheiden, ob das Thema Selbständigkeit und Gründen eine Option für die Person ist. So kann man gleich zu richtigen Ansprechpersonen weiterleiten. Nachdem Forschende ohnedies regelmäßig auf Konferenzen unterwegs sind, ist es auch sinnvoll nicht nur mit Akademiker*innen den Austausch zu suchen, sondern auch mit Unternehmer*innen das Gespräch zu suchen, um ein Gefühl für Marktchancen zu bekommen.
Außerdem, sobald etwas entdeckt wurde, ist es nie ein Fehler, wenn man einen Blick in die Patentdatenbank wagt. So bekommt man schon ein gutes Gefühl, ob es ähnliches gibt und man erkennt, wie intensiv in diesem Bereich geforscht wird.
Bildlich zusammengefasst
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich eine Ausgründung aus dem universiären Bereich im Sinne eines Spin-Offs einer Rollercoaster-Fahrt als unternehmerisches Ehepaar gleicht und Schönwetter nicht immer vorherrscht.