Über das ECN
Das ECN, als interdisziplinäres Entrepreneurship-Netzwerk österreichischer Hochschulen, vereint umfassendes Wissen und Erfahrungen, wenn es um das Thema Gründen an Unis und FHs geht. Daher die Überlegung, dass wir diesen Erfahrungsaustausch im Rahmen einer Talkreihe für andere zugänglich machen und zum Austausch mit Externen einladen. Hochschulgründerzeit ist die neue Talkreihe des ECN, welche erstmalig am 10. Februar 2021 um 17 Uhr auf Clubhouse stattgefunden hat. Bei Hochschulgründerzeit #1 ging es um die Bedeutung von Entrepreneurship an unterschiedlichen Hochschulen, die jeweiligen Angebote, um unternehmerischen Denken und Handeln zu fördern und einen spannenden Ausblick für noch mehr Entrepreneurship in Zukunft. Die Gäste waren Dr. Rudolf Dömötör (Direktor des WU Gründungszentrums), Mag. Bernhard Weber (Geschäftsführer des ZWI in Graz) und FH-Prof. Dr. Gerold Weisz (Leiter des Startup Centers an der FH OÖ).
Entrepreneurship an Hochschulen: Die Richtung ist klar.
Österreichische Universitäten und Fachhochschulen bieten eine vielseitige Entrepreneurship-Unterstützung. Dazu zählt nicht nur die persönliche Unterstützung beim Gründungsvorhaben, sondern verstärkt auch das Ziel, weiter zu gehen und Awareness für das Karrierebild Unternehmer*in zu bilden. Der klassische Gründungssupport richtet sich an Personen mit Gründungsabsicht und stattet sie mit unternehmerischen Skills aus, bietet Coaching und Beratung. Viel wichtiger ist mittlerweile die Schaffung von Awareness für den Karriereweg als Unternehmer*in, als selbstständig tätige Person, da diese Zukunftsoption im Hochschulumfeld kaum vorherrschend ist. Dabei gilt es, möglichst vielen Studierenden die Möglichkeit zu geben, dass sie über die Karriereoption „Gründung“ nachdenken und für sich eine Entscheidung treffen. Je mehr Personen mit dem Thema Gründen in Berührung kommen, desto mehr werden den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Es mag zwar scheinen, dass Studierende von wirtschaftlichen Disziplinen dem Gründen eher zugeneigt sind, doch wagen quantitativ gemessen mehr wirtschaftsferne Studierende den Weg in die unternehmerische Selbstständigkeit. Abhängig von der wissenschaftlichen Disziplin ist der Ansatz zum Gründen ein anderer: Zum Beispiel peilen Studierende der Veterinärmedizinischen Universität die Gründung einer Tierpraxis an, Studierende der Kunstfakultäten machen sich als Künstler*innen selbstständig, Forscher*innen der Bodenkultur setzen Projekte mit Nachhaltigkeitsfaktor um, etc.
Unsere Hochschulen bieten Studierenden gute fachliche Ausbildungen. Als Vorbereitung für die künftige Karriere sind jedoch auch „Life Skills“, die Vernetzung mit Unternehmen und Organisationen von Bedeutung, werden aber nicht zwingend mit der fachlichen Ausbildung mitgegeben. Der Karriereweg ist weiterhin eine sehr individuelle Sache und wird von jeder Person selbst definiert, trotzdem gibt es mehrere Möglichkeiten nach dem Studium: man kann in Richtung hochkarätige Forschung gehen, in ein bestehendes Unternehmen einsteigen oder selbstständig werden und ein eigenes Unternehmen gründen. Quantitativ gemessen, lassen sich rund 80% der Gründungen an der Karl-Franzens-Universität in Graz auf naturwissenschaftliche und technische Bereiche zurückführen, an der FH Oberösterreich belaufen sich die Gründungen aus dem technischen Bereich sogar auf 90-95%.
Der Schlüssel zum Gründungserfolg: ein starkes Team.
Universitäten und Fachhochschulen streben vermehrt den Ansatz der Interdisziplinarität an, indem sie Entrepreneurship fakultäts- und hochschulübergreifend gestalten. Interdisziplinarität ist deswegen enorm wichtig, da es für innovative Gründungen Know-how aus unterschiedlichen Bereichen benötigt wird. Die wenigsten Gründer*innen wissen und können alles allein. Deshalb ist es sinnvoll, mit Gleichgesinnten zusammenzuarbeiten, die eine andere Perspektive und einen anderen Erfahrungshintergrund z.B. durch das Studium mitbringen. Deswegen setzen Initiativen wie die fächerübergreifende Seminare, die Gründungsgarage in Graz oder die Entrepreneurship Avenue in Wien gezielt auf eine interdisziplinäre Ausrichtung. Die Gründungsgarage ist ein akademischer Startup-Accelerator für gründungsinteressierte Studierende und Forschende in der Vorgründungsphase, sie werden Entwicklung der Geschäftsidee unterstützt und durch gezieltes Matchmaking mit anderen Disziplinen. Bernhard Weber, Vorstandsmitglied der Gründungsgarage, spricht davon, dass häufig technische Ideen eine wirtschaftliche Komponente benötigen, oder umgekehrt, daher „verheiraten“ sie gezielt komplementäre Teams, damit wertvolles Potenzial nicht verloren geht. Die Entrepreneurship Avenue ist Europas größte Startup-Eventreihe von Studierenden für Studierende und ist offen für alle Studienrichtungen, mit dem Ziel Studierende mit Entrepreneurship in Kontakt zu bringen, sie bei der Entwicklung von Ideen zu unterstützen und letztlich auch mit dem Startup-Ökosystem zu vernetzen. Rudolf Dömötör, Gründer der Entrepreneurship Avenue, unterstreicht wie wichtig es ist Studierende mit hoher Gründungsintention und entrepreneurship-ferne Studierende für das Format zu begeistern. Daher wählt das Programm bewusst einen niederschwelligen Zugang und positioniert sich als extracurriculares Programm am Puls der Zeit. Initiativen, die von Studierenden organisiert werden, bieten jedoch einen leichteren Zugang für Gründungsinteressierte, nämlich ganz im Sinne „von Studierenden für Studierende“. Beispiele dafür sind die Entrepreneurship Avenue und das Ideentriebwerk in Graz.
Schlüsselkompetenz: Entrepreneurial Mindset
Hochschulen unterstützen Studierende vermehrt beim Aufbau eines „Entrepreneurial Mindsets“, das ist die Fähigkeit kreativ und kritisch zu denken und Probleme zu erkennen und dafür innovative Lösungsansätze zu finden. Die Einstellung, dass Studierende und Forschende Ideen zulassen, die Welt verändern wollen und über den Tellerrand hinausschauen, ist enorm wichtig für den beruflichen Werdegang und das private Leben. Analytisch denken, schlau kombinieren und kreative Lösungen finden: das sind Schlüsselkompetenzen, die von Arbeitgeber*innen genauso gefragt werden, wie sie aber auch von den Gründer*innen der Zukunft benötigt werden. Ganz klar ist aber, dass das „Entrepreneurial Mindset“ sich mit unternehmerischem Denken und Handeln befasst, daher aber nicht zwingend in einer Gründung enden muss.
Die Gäste von Hochschulgründerzeit #1 sind sich einig, dass unternehmerisches Denken und Handeln trainierbar ist. Durch die Entrepreneurship Education an Hochschulen möchte man möglichst vielen Menschen Entrepreneurship demonstrieren, Möglichkeiten aufzeigen, motivieren und mit Kontakten im Netzwerk verbinden.
Stellenwert und Anerkennung
Die Frage, die sich Personen an Universitäten und Fachhochschulen stellen, ist, ob die Angebote und das Engagement rund um Entrepreneurship ausreicht um international mitzuhalten, oder verlieren österreichische Hochschulen im internationalen Vergleich? Bezugnehmend auf das zuvor angesprochene „Entrepreneurial Mindset“ ist dieses in Österreich jedenfalls noch nicht weitreichend verankert. Dennoch lässt sich festhalten, dass durch die hochschulnahen Aktivitäten, der Fokus auf Bewusstseinsbildung und nicht zuletzt die Einrichtung von Gründungszentren, Startup-Center, etc. der Weg als Unternehmer*in in den letzten Jahren vermehrt Anklang gefunden hat. Seit den letzten 30 Jahren ist eine steigende Tendenz bei den Gründungen im Hochschulumfeld erkennbar, entweder gründen Studierende, Alumni oder Forschende der jeweiligen Bildungseinrichtungen.
Um den internen Stellenwert von Entrepreneurship pro Hochschule zu bewerten, muss man erstmal verstehen wie Universitäten und Fachhochschulen funktionieren. Gerade Universitäten haben aufgrund der Leistungsvereinbarungen, welche bilateral mit dem Bildungsministerium geschlossen werden, eine schriftliche Verankerung im Sinne der dritten Mission. Diese „Third Mission“ hat traditionell keine wichtige Rolle in der Universitätsstrategie gefunden, jedoch stärkt diese Säule den Gedanken des Wissenstransfers und der Ausgründungen. Das Commitment bei der Universitäts- oder Fachhochschulleitung kann hingegen durch Initiativen von Studierenden für Studierende und starke Stimmen von außen entsprechend verstärkt werden. Nichtsdestotrotz erhielten in den letzten Jahren der Wissenstransfer- und Entrepreneurship-Bereich durch die Aktivitäten vom WTZ und dem ECN einen verstärkten Antrieb. So ist die Beachtung von Studierenden, Forschenden und auch der Leitungsebene eine höhere Beachtung erzielt worden, die nicht zuletzt auch die Attraktivität des Hochschulstandortes ausmacht.
Abschließend lässt sich jedoch festhalten, dass Universitäten und Fachhochschulen der Nährboden für zukünftige Gründungen sind, da die Keimzelle an Kreativität sehr wohl vorhanden ist und die Unterstützungen bei der Umsetzung von Geschäftsideen weiter ausgebaut und an Zukunftsperspektiven angelehnt wird.